Entführungen waren gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine abenteuerliche Methode, um gegen den Willen des Brautvaters zu heiraten.
Meyers Lexikon aus jener Zeit vertrat die damals gültige Rechtsauffassung:
Entführung (Crimen raptus), das Verbrechen, dessen sich derjenige schuldig macht, welcher sich einer Frauensperson entweder wider deren Willen oder doch ohne Einwilligung derjenigen Personen, von welchen sie familienrechtlich abhängig ist, durch Hinwegführung zum Zweck der Ehelichung oder der Unzucht bemächtigt.
Jenseits der Juristerei sagten die Menschen; „Sie ist mit ihm durchgebrannt, was letztlich heißt, dass sich beide „aus dem Staub gemacht“ haben. Damit wollten die Liebenden den Brauteltern sagen „Es geht auch ohne euch!“. Diese Form der wurde oftmals gewählt, um eine Konvenienzehe zu vermeiden.
In der heutigen Zeit (2024) wird wieder damit geworben, eine Ehe ohne Beteiligung der Brauteltern und der oft lästigen Rituale anderer Art einzugehen. Und seither muss ein englischer Begriff her: Elopement.
Dieser Begriff hatte schon viele Bedeutung. Über die Letzte weiß der „Webster“:
„Die Bedeutung von „Elope“ verlagert sich in Richtung „eine kleine Hochzeit am Zielort“, während es früher davonlaufen und heimlich heiraten (bedeutete)“.
Übrigens: Falls ihr das Wort „Brautentführung“ in eine Suchmaschine eingebt, müsst ihr sehr, sehr lange suchen, bis ihr die ursprüngliche Bedeutung findet.
Wir schworen uns der ew’gen Treue Schwur
Am nächsten Tage sollt‘ ich dich entführ’n
Doch du hast nicht gewusst, um wieviel Uhr
Und hast gesagt, du wirst telefonier’n!
(Georg Kreisler: Achtzehn Jahre)
Im Vereinigten Königreich (UK) wurde Greta Green als Ort bekannt, an dem Trauungen ohne Einwilligung der Eltern vollzogen wurden.
Webster
Meyers Lexikon, 5, Ausgabe, ca. 1890